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Rundmail No 5

Erdbeben

26. September 2017

Liebe Freunde

Wir verbrachten wunderschöne Ferien in der Schweiz, die wie immer viel zu schnell vorüber gingen. Es hat uns riesig gefreut viele von euch wieder einmal zu sehen. Und falls es dieses mal nicht klappte, so dann hoffentlich beim nächsten Mal.

Am Abend des 7. Septembers kamen wir wieder gut in Mexiko-Stadt an. Seither haben sich die Ereignisse hier überworfen, wie ihr sicher aus den Nachrichten erfahren habt. Viele von euch haben uns geschrieben und gefragt, wie es uns denn gehe. Den meisten haben wir auch schon ein wenig berichtet, hier nun noch ausführlicher.

Beben der Stärke 8.2 vom 7. September, im Süden von Mexiko
Nur 5 Stunden nach unserer Ankunft bebte es im Süden von Mexiko, und mit der Stärke 8.2 so stark wie nie in Mexiko in den letzten 100 Jahren. Wir waren schon am schlafen, wurden aber durch die Bewegungen, die doch sehr stark waren, aufgeweckt. Das Beben war über 700 km südlich von Mexiko-Stadt, im Pazifischen Ozean. Durch diese Distanz war das Beben in Mexiko-Stadt zwar noch gut zu spüren, richtete aber keine grossen Schäden an. Arg in Mitleidenschaft gezogen wurden Gebiete der südlichen Staaten Oaxaca und Chiapas, womit es einige der ärmsten Zonen Mexikos beutelte (und beutelt). Die Aufräumarbeiten werden noch Monate und Jahre dauern, nicht zuletzt, weil das Beben bisher weit über 4000 Nachbeben hatte, die stärksten davon bis zu Magnitude 6.1.

Beben der Stärke 7.1 vom 19. September, 120 km südlich von Mexiko-Stadt
Jedes Jahr am 19. September findet in Mexiko-Stadt ein grosser Erdbeben-Testalarm statt, im Gedenken an das verheerende Erdbeben vom 19. September 1985, das über 10‘000 Menschen das Leben kostetet und noch viele mehr obdachlos machte. Gute zwei Stunden später dann die Katastrophe: um knapp 13:15 Uhr bebte die Erde, nur rund 120 km südlich von Mexiko-Stadt, mit einer Stärke von 7.1. Das Beben war zwar rund 10 mal schwächer als das Beben vom 7. September und als das Beben von 1985, aber sehr viel näher. Die Erde bebte in einem Ausmass das weder Liliana noch ich je erlebt haben. Alle Menschen rannten so schnell wie möglich aus den Häusern. Das Hochhaus bei der Arbeit schwankte fürchterlich in der Luft. Menschen am schreien und am weinen, niemand wusste recht was machen.

Nach dem Beben wurden die Gebäude kurz überprüft, bevor entschieden wurde alle nach Hause zu schicken bis auf Weiteres. Auf dem Heimweg wurde einem das erste Mal das Ausmass der Katastrophe bewusst. Strom, Telefon und Internet funktionierte grossflächig nicht. Dadurch funktionierten auch viele Lichtsignalanlagen nicht, was zu einem Chaos auf der Strasse führte. Ebenso fuhren viele Metros oder Trolleybuse nicht, was wiederum Tausende von Menschen dazu veranlasste auf der Strasse nach Hause zu laufen. Das ganze hatte viel von einem apokalyptischen Film. Noch nie waren wir uns so bewusst wie an diesem Tag, wie viele Leute eigentlich in dieser riesigen Stadt leben und arbeiten.

Liliana und ich kamen mit dem Schock davon. Sowohl bei der Arbeit wie auch zu Hause gab es keine grösseren Schäden. Zu Hause fielen viele Dinge um und gingen zum Teil zu Bruch, aber nichts Schlimmes. An der Arbeit gab es mehr Schäden wie geborstene Scheiben, abgeplatzter Verputz oder heruntergefallene Deckenplatten, aber auch nichts wirklich Nennenswertes.

Über die ganze Stadt gesehen sind die Schäden aber enorm. Eingestürzte Häuser, geborstene Gasleitungen und dadurch entstandene Brände, klaffende Wunden in Strassen, kaputte Brücken und vieles mehr. Sirenen überall, Polizei, Ambulanz, Feuerwehr, alles auf Achse. Ganze Spitäler auf der Strasse.

Heute ist es eine Woche her, und noch immer kann man nicht das ganze Ausmass der Katastrophe erfassen. Noch heute suchten die Helfer nach Überlebenden. Bisher kostete das Beben weit über 300 Menschen das Leben, aber sicher mehrere Tausend wurden obdachlos. Viele Häuser sind in einem Zustand, dass man nicht mehr darin arbeiten oder wohnen kann. Einige kann man renovieren, viele müssen wahrscheinlich abgerissen werden. Auch in unserem Familien- und Freundeskreis sowie bei der Arbeit gibt es viele, die entweder zur Zeit woanders unterkommen müssen, oder die zur Zeit von zu Hause aus arbeiten müssen, da das Büro zerstört ist. Viele Strassen sind gesperrt, was das sonst schon hohe Verkehrschaos natürlich erhöht. Die Metro und der Metrobus sind unter anderem deswegen seit dem Erdbeben gratis.

Die Solidarität unter den Mexikanern ist riesig. Tausende von freiwilligen Helfern helfen die Trümmer zu beseitigen. An fast jeder Strassenecke gibt es Sammelpunkte, wo Bewohner der Stadt Essen, Kleider, Hygieneartikel und so weiter deponieren für diejenigen, die alles verloren haben. Viele Leute verteilen gratis warme Mahlzeiten für die Opfer. Am Radio ist sozusagen 24 Stunden Erdbeben auf dem Programm, auch heute noch; Informationen, Aktualisierungen, Hilfe, Neuigkeiten.

In einer Schule wurden 20 Kinder begraben. Deswegen wurden alle Schulen geschlossen, und dürfen erst wieder öffnen, wenn sie von offizieller Stelle überprüft wurden und das OK bekommen haben. Bei den mehreren tausend Schulen in Mexiko-Stadt wird dies noch eine Weile dauern.

Wir sind seit Donnerstag wieder bei der Arbeit. Allerdings beherbergt auch unser Institut die Arbeiter eines anderen Instituts, die nicht mehr an ihren alten Arbeitsplatz zurück gehen können. Bis wieder so etwas wie Normalität in der Stadt einkehrt wird es sicher noch sehr lange dauern.

Es gäbe viel zu berichten, sehr viel. Und trotzdem würde es mir wahrscheinlich nicht gelingen, der ganzen Tragödie gerecht zu werden. Jeden Tag sieht und hört man von so viel Elend, aber auch immer wieder freudige Botschaften dazwischen, wenn zum Beispiel wieder jemand noch lebend geborgen wurde. Aber wir nehmen an, ihr habt sicher auch einiges in der Schweiz in den Nachrichten gesehen, gehört oder gelesen.

Spenden
Falls ihr die Möglichkeit und die Mittel dazu habt so legen wir euch eine Spende für die Erdbebenopfer sehr ans Herzen (mit so wenig wie CHF 50 kann man schon viel erreichen). Wir wissen, dass es auf der Welt viel Elend gibt, wo man spenden könnte (Naturkatastrophen, Kriege, Armut); die Erdbebenkatastrophe hier in Mexiko ist aber das, was wir mit eigenen Augen sehen und uns im Moment ans Herzen geht. Falls ihr Spenden möchtet, in der Schweiz aber keine einfache Gelegenheit dazu findet, so schreibt mir eine Email, und dann können wir bilateral nach einem Weg suchen.

Zum Schluss

Ich habe ein paar Zahlen und Fakten zu der seismischen Situation und Aktivität in Mexiko im Blog niedergeschrieben, und einen Vergleich zwischen Mexiko und der Schweiz gemacht damit ihr euch eine Vorstellung von der Aktivität machen könnt: https://mexico.werthmuller.org/landleute/erdbeben.

Herzlichen Dank für alle eure Nachrichten nach den Erdbeben.

Liebi Grüess us Mexiko-Stadt,
Dieter & Liliana

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